Ein Fürbitten-Puzzle beim Gottesdienst in Fulda

Im Gottesdienst entstand eine Wand aus Fürbitten.
Ein Fürbitten-Puzzle beim Gottesdienst in Fulda
Tolle Aktion zum Start der IKW - Predigt zum Motto "Zusammen leben, zusammen wachsen."

In Fulda wurde zur Eröffnung der Interkulturellen Woche ein Ökumenischer Gottesdienst zum diesjährigen Motto „Zusammen leben, zusammen wachsen.“ gefeiert. Zum Fürbitten-Gebet haben sich die Organisierenden eine tolle Aktion einfallen lassen: Die Fürbitten wurden von den Gottesdienst-Besuchern als Puzzle gestaltet. In der Kirche waren Puzzleteile, eine Stellwand mit IKW-Logo sowie Filzstifte vorbereitet. Hier dokumentieren wir den Ablauf und die Predigt:

 

Ökumenischer Gottesdienst zur Interkulturellen Woche 2019
„Zusammen leben – zusammen wachsen“

13. Sonntag nach Trinitatis
15.09.2019 – 10:00 Uhr – Ev. Christuskirche Fulda
Agendarisches Thema: Gottes Liebe und unsere Barmherzigkeit - Unser Christsein steht und fällt mit unserem Verhalten gegenüber den Mitmenschen.
Lesung: Act 6,1-7 – Die Wahl der sieben Diakone
Predigt: Lk 10,25-36 – Der barmherzige Samariter
Wochenspruch: „Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Mt 25,40b

 

Fürbitten-Aktion

Instrumentalmusik

Gemeinsam formulieren wir das Fürbitten-Gebet, mit dem wir unsere Wünsche, Ängste und Hoffnungen vor Gott tragen. Dazu finden Sie in Ihrer Nähe ein Puzzle-Stück und einen Stift. Nehmen Sie sich etwas Zeit und überlegen Sie mit den Menschen um Sie herum:

Was gelingt? – Dafür sind wir dankbar.
Was ist anstrengend? – Dafür brauchen wir Kraft.
Wo liegt unser Ziel? – Daran glauben wir.

Finden Sie als Gruppe eine Bitte oder einen Dank!
Formulieren Sie bitte in einfacher Sprache!
Bitte bringen Sie Ihr Puzzle-Teil nach vorne.

 

In Fulda wurde zum Start der Interkuturellen Woche ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert.
Mit Puzzleteilen und Filzstiften entstand eine Wand mit Fürbitten.
Mit Puzzleteilen und Filzstiften entstand eine Wand mit Fürbitten.

Predigt – Lars Rilke

Lk 10,25-36 – Der barmherzige Samariter

I
Versetzen wir uns in die Situation: Jerusalem vor knapp 2000 Jahren. Eine bunte Stadt, auf dem Suq – dem Markt – lautes Handeln und der Geruch intensiver Gewürze. Handelsrouten liefen hier zusammen und sorgten für Waren aus der gesamten bekannten Welt und für kulturellen Austausch.

An diesem Ort bildeten sich durch das Geschehen um den Mann aus Nazareth, seine Predigten und Begegnungen, sein wundersames Wirken und die theologische Verarbeitung seines gewaltsamen Todes erste christliche Gemeinden. Und die waren so bunt wie die Gesellschaft, aus der heraus sie sich gebildet haben.

II
Zusammen leben ist selten immer nur leicht. Zusammen wachsen erst recht nicht. Wo Menschen miteinander Zeit verbringen, ihr Leben gemeinsam gestalten wollen, Pläne und Ideen umsetzen, da gibt es Konflikte. Gerade in der Lesung haben wir von einem Grund zum Streit gehört: Es ging um die Witwenversorgung bei Tisch. Sie war unterschiedlich und ungerecht geregelt.

Bemerkenswert ist hier aber der Ansatz. Er stellt nicht auf die Zementierung von Unterschieden ab – die einen waren Zugezogene, die anderen die ohne Migrationserfahrung. Der griechische Text unterscheidet hier zwischen griechischen und hebräischen Witwen. Nein, es geht um eine Lösung dieses Konflikts, damit alle zu ihrem Recht kommen – und unabhängig von ihrer Herkunft zu Essen.

Man mag sich ja wundern, weswegen es eine solche Erzählung in den Kanon der neutestamentlichen Schriften geschafft hat. Offensichtlich schrieb man der Begebenheit eine herausragende Bedeutung zu.

III
Solche Konfliktsituationen sind auch sonst in den entstehenden und sich festigenden Urgemeinden nicht unüblich. Die Briefe, die der Apostel Paulus an seine Gemeinden schrieb, waren immer anlassbezogen. Und dieser Anlass war allermeist ein Konflikt. Um der Sache willen greift der Apostel dann schriftlich ein, bezieht Stellung, stellt seine Haltung dar und hört nicht auf, um die Mitglieder der Gemeinde zu werben.

In einem programmatischen Abschnitt im Brief an die Gemeinden in Galatien kann Paulus als einen seiner Spitzensätze formulieren:

Hier ist weder Jude noch Grieche, hier ist weder Sklave noch Freier, hier ist weder Mann noch Frau.

Das ist der Sache nach natürlich Unfug. Ein Jude bleibt ein Jude und ein Grieche ein Grieche. Paulus hatte die Abschaffung der Sklaverei nicht auf dem Schirm. Und das Leugnen geschlechtlicher Identität war auch nicht sein Anliegen.

Aber – und das ist dem Apostel wichtig – diese Kardinalunterscheidungen spielen keine Rolle. Sie sind egal, weil alle – ohne Ansehen ihrer Person – zu Christus gehören. Jede und jeder ist Mitglied der Gemeinschaft.

Und immer geht es Paulus – wie auch dem Lukas der Apostelgeschichte – darum, dass die Schwachen gesehen werden und zu ihrem Recht kommen.

Nur so gelingen Zusammenleben und Zusammenwachsen. Dieses (zeigen!) Zusammenwachsen bekommt dort eine besondere inhaltliche Qualität, weil es auch ein gemeinsames Wachsen ist, ein zusammen Wachsen. Wo die Starken auf die Schwachen Rücksicht nehmen, kann sich eine Gemeinschaft zum Besseren entwickeln.
Und hierbei ist es völlig egal, woher die vermeintliche eigene Stärke rührt. Herkunft, gesellschaftlicher Rang oder Geschlecht sind jedenfalls keine Heraushebungsmerkmale.

IV
Was aber heraushebt, ist das Verhalten. Und das ist alles andere als egal. Es soll sich aus einer Haltung der Nächstenliebe ergeben und dann eben zu Rücksichtnahme, Verzicht und fairen Lösungen führen.

Als Jesus einmal danach gefragt wurde, wer denn mein Nächster sei, wenn Nächstenliebe doch ein so wichtiges Gebot ist, antwortete er mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter - Sie kennen es alle.

Bemerkenswert daran sind zweierlei Richtigstellungen:

    Es wird ein Angehöriger eines zutiefst verhassten Stammes zum Nächsten. Er handelt, weil er die Not sieht. Fertig. Nächstenliebe kennt keine nationalen, völkischen oder sonst wie aus einer Ideologie heraus konstruierten Grenzen.
    Nicht ich entscheide, wer mein Nächster sein soll. Vielmehr entscheidet die Not meines Gegenübers, die ich sehe, darüber, wem ich zum Nächsten werde. Die Entscheidungshoheit darüber, wer mein Nächster ist, liegt nicht bei mir, sondern in der Beziehung zu demjenigen, der mich braucht.

Beide Erkenntnisse sind nicht neu. Aber man würde sich wünschen, dass manch Neuhofer Bundestagsabgeordneter sie im Firm-Unterricht gelernt hätte.

Nächstenliebe ist universell. Und:
Ich werde meinem Nächsten zum Nächsten.

V
Zusammen leben – zusammen wachsen.

Wenn das Gelingen soll, braucht es unser aller Mitdenken, Mitfühlen und Mithandeln. Wir nennen das Nächstenliebe. Das ist anstrengend, aber auch bereichernd.
Wo wir uns dieser Sache – oder: des Menschen – annehmen, geht Gott mit und gibt seinen Segen.

Amen.

Infos
Kontakt

Lars Rilke
Diakoniepfarrer im Ev. Kirchenkreis Fulda
Diakonisches Werk Fulda
Telefon: 0661 / 8388.200
E-Mail: LarsPeter.Rilke@ekkw.de

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