"Der Herzschlag Gottes ist bunt"

"Der Herzschlag Gottes ist bunt"
"Zusammen leben, zusammen wachsen." Gedanken zum Plakat der Interkulturellen Woche
Christoph Stiba

"Gut, dass wir einander haben, gut, dass wir einander sehn, 
Sorgen, Freuden, Kräfte teilen und auf einem Wege gehen. 
Gut, dass wir nicht uns nur haben, dass der Kreis sich niemals schließt und dass Gott, von dem wir reden, hier in unserer Mitte ist."

Dieser Refrain eines Liedes von Manfred Siebald drückt die Freude über ein gelingendes Zusammenleben aus. Keiner kreist mehr nur um sich oder ist alleine unterwegs. Zusammen wird ein Weg beschritten und Lebensumstände werden geteilt. Dabei kann es passieren: das Zusammenwachsen und zusammen zu wachsen. "Zusammen leben, zusammen wachsen.", so lautet auch das Motto der Interkulturellen Woche 2019. Ich schaue mir das Plakat genauer an:

Rosa, gelb, lila, hell- und dunkelblau, grün, rot und nicht zu vergessen schwarz und weiß. Kunterbunte Herzen und Kreise formen ein großes Herz auf einer schwarzen Mauer. Ein farbenfrohes Durcheinander. Einzelne Formen mischen und überschneiden sich, prägen einander und wieder andere stechen in ihrem Profil deutlich hervor. Jeder Klecks für sich genommen unspektakulär, doch gemeinsam bilden sie ein Kunstwerk. Ein großes Ganzes, bei dem keiner mehr von seinem Platz wegzudenken ist. Zusammen wirken sie lebendig. Genauso stelle ich mir den Herzschlag Gottes vor: bunt. 

Der Herzschlag Gottes ist bunt. Jede Farbe und Form spiegelt eine Facette seines Herzens wieder. Sein Herz schlägt für jede und jeden, für alle Menschen gleich. In ihrer Verschiedenheit nach Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Vermögen, Geburt odersonstigem Status. Kein Unterschied bei Gott. Sein Herz schlägt für jeden einzelnen seiner Menschen, interkulturell. In dieser Gemeinschaft der geliebten Menschen Gottes ergänzt einer den anderen. "Keiner, der nur immer redet; keiner der nur immer hört. […] Keiner, der nur immer jubelt; keiner, der nur immer weint" und "Keiner ist nur immer schwach, und keiner hat für alles Kraft", heißt es in den Strophen des Siebald-Liedes weiter. Zusammen ist man weniger allein und kann voneinander profitieren. Man braucht einander, um zusammen zu wachsen. Doch bei aller Liebe – das ist nicht immer leicht. Wie kann es gelingen, zusammen zu leben? 

Der Baptistenpastor und Bürgerrechtler Dr. Martin Luther King, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiern würde, sagte: "Das ist das große neue Problem der Menschheit. Wir haben ein großes Haus geerbt, ein großes 'Haus der Welt', in dem wir zusammen leben müssen – Schwarze und Weiße, Morgenländer und Abendländer, Juden und Nichtjuden, Katholiken und Protestanten, Moslems und Hindus – eine Familie, die in Ideen, Kultur und Interessen zu Unrecht getrennt ist, die, weil wir niemals wieder getrennt leben können, irgendwie lernen muss, in Frieden miteinander auszukommen." 

Eine Gesellschaft, in der dieses Miteinander gelingt, nennt King eine "Beloved Community". In dieser Gemeinschaft wird der andere als Bereicherung wahrgenommen und jede und jeder ist in seiner Andersartigkeit willkommen. Sich mit seinem Gegenüber an einen Tisch zu setzen, sich mit ihm oder ihr auseinanderzusetzen: Was denkt er eigentlich über das eine Thema und was braucht sie, damit sie sich zu uns setzt? Eine solche Gesprächskultur, die den anderen annimmt und wertschätzt, kann das Fundament für ein "Haus der Welt" sein. In Deutschland bilden wir mit unseren unterschiedlichen Kulturen und Religionen ein kleines "Haus der Welt" ab. Wir haben die Wahl, wie wir dieses Haus gestalten. Martin Luther King würde gemäß dem Herzschlag Gottes sagen: "Zusammen leben, zusammen wachsen."

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Dieser Artikel ist im Materialheft zur Interkulturellen Woche 2019 erschienen. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Christoph Stiba Foto: Mirko Thiele

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