Wie eine sachliche Debatte über Migration wieder möglich wird

Wie eine sachliche Debatte über Migration wieder möglich wird

Quelle: More in Common

Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebestopp und 10 Jahre "Wir schaffen das"– Migration wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Viele Menschen empfinden es als schwierig, gelassen über das Thema zu sprechen. Ein neues Impulspapier von More in Common, gefördert durch die Robert Bosch Stiftung, zeigt: Eine konstruktive Debatte ist möglich – wenn zentrale Anliegen wie staatliche Steuerung und Handlungsfähigkeit sowie Beiträge von Zugewanderten zum Gemeinwesen ernst genommen werden.

Die Grundlage des Papiers bildet eine soziodemografisch quotierte Befragung von über 2.000 Menschen in Deutschland. Sie offenbart eine ambivalente bis kritische Wahrnehmung von Migration: 22 Prozent der Menschen begreifen Migration hauptsächlich als Chance, die Deutschland ergreifen sollte; weitere 32 Prozent als Notwendigkeit, mit der Deutschland umgehen muss und 39 Prozent sehen Migration primär als Bedrohung, die bekämpft werden sollte.

Staatliche Kontrolle, Kompetenz und gesellschaftlicher Beitrag sind zentrale Anliegen 

Für eine Mehrheit ist die Kontrolle darüber, wer nach Deutschland einwandert und wer nicht, wichtiger als die Einwanderungszahlen lediglich zu reduzieren (61 Prozent zu 29 Prozent). Ebenso gibt es eine breite Unterstützung sowohl für eine verstärkte Grenzsicherung als auch die Ausweitung legaler Migrationswege – etwa für Fachkräfte. Zu diesen Ergebnissen sagt Ben Mason-Sucher, Autor des Impulspapiers "Konstruktiv darüber reden: Fünf Fragen für zukunftsfähige Einwanderungsdebatten": "Es zeigt sich, dass Menschen beim Thema Migration nicht in einer 'Ja-Nein-Logik' denken, sondern versuchen unterschiedliche Prioritäten miteinander in Einklang zu bringen."

Ein Fokus liegt auf einem kompetenten Staat: Laut den Forschungsergebnissen wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger eine Einwanderungspolitik, die effektiv, klar und lösungsorientiert ist. Das heißt beispielsweise, dass aus Sicht der Menschen ausreisepflichtige Personen konsequent abgeschoben, gleichzeitig, aber integrationsfördernde Maßnahmen wie Sprachkurse verstärkt angeboten werden sollen. Das Einwanderungsmanagement von der EU und der Ampel-Bundesregierung wird von großen Mehrheiten (71 bzw. 77 Prozent) negativ bewertet. Für Städte und Gemeinden sowie die Zivilgesellschaft fällt die Bewertung etwas ausgewogener aus. Außerdem zeigt die Forschung, dass viele Menschen die Themen Einwanderung und Stärkung der Wirtschaft zusammendenken. So wird der Einsatz von Arbeitskräften in Schlüsselindustrien als wichtigster Vorteil von Migration für Deutschland gesehen. 19 Prozent geben dabei an, dass Eingewanderte und Geflüchtete keine Vorteile für Deutschland bringen. Zu den Ergebnissen sagt Hannes Einsporn, Senior Experte für Migration bei der Robert Bosch Stiftung: "Die Befragung legt offen, welche Werte Menschen in der Migrationspolitik wichtig sind – ein Bild, das deutlich differenzierter ist, als es die politische Debatte suggeriert."

Gesellschaftliches Miteinander: Zwischen Anpassung und Multikulturalität

Als wichtigste Bedingung für Integration nennen 76 Prozent das Erlernen der deutschen Sprache. 49 Prozent finden, dass Einwanderer und Geflüchtete ihre Werte und Bräuche beibehalten können sollten, solange sie die deutschen Gesetze befolgen. 45 Prozent geben hingegen an, Einwanderer und Geflüchtete sollten deutsche Werte und Gebräuche übernehmen und Gesetze befolgen. Die Studie zeigt außerdem, dass auch Angst vor Gewalt – sowohl von als auch gegen Zugewanderte, die Wahrnehmung der Debatte für viele Menschen stark prägt. Ben Mason-Sucher über die Ergebnisse: "Migration und Einwanderung sind komplexe Themen, die aber auch in der aktuellen Lage konstruktiv besprechbar sind. Unsere Daten liefern Impulse, wie eine sachliche und lösungsorientierte Migrationspolitik in Deutschland gestaltet werden kann – jenseits polarisierter Lager."

Weitere Informationen
Das Impulspapier "Konstruktiv darüber reden: Fünf Fragen für zukunftsfähige Einwanderungsdebatten" kann HIER abgerufen werden.  

 

Hintergrund zum Impulspapier
More in Common untersucht seit 2019 in regelmäßigen Abständen die Dynamik der deutschen Gesellschaft mit dem Ziel, Spaltung entgegenzuwirken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Dabei begleitet das Thema Einwanderungsgesellschaft die Organisation von Anfang an. In Zeiten, in denen Debatten rund um Migration sehr präsent sind und teilweise hitzig geführt werden, will More in Common einen Beitrag dazu leisten, dass das gesellschaftliche Gespräch zu dem Thema möglichst konstruktiv wird und die Nuance für unterschiedliche Perspektiven und Prioritäten wahrt. Zu diesem Zweck hat die Organisation im Jahr 2025 neu geforscht und 2.021 Menschen in Deutschland im Rahmen einer quantitativen und soziodemografisch quotierten Online-Panel-Erhebung zu ihren Meinungen rund um das Thema Einwanderung befragt. Diese Erhebung wurde zwischen dem 11. und 20. April in Zusammenarbeit mit More in Common UK unter Verwendung des deutschen Panels von dem Marktforschungsunternehmen Dynata LLC durchgeführt. Das vorliegende Impulspapier beruht hauptsächlich auf den Ergebnissen dieser Forschung, ergänzt durch Erkenntnisse aus weiteren quantitativen und qualitativen Erhebungen.

Über More in Common
More in Common hat sich als Organisation vollständig dem Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt verschrieben. Ziel ist eine in ihrem Kern gestärkte Gesellschaft, die in der Lage ist, geeint und widerstandsfähig auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Für More in Common ist gesellschaftlicher Zusammenhalt weit mehr als ein friedliches und zugewandtes Miteinander. Er ist Vorbedingung für einen zentralen Aspekt lebendiger Demokratie: Streitfähigkeit über alle Unterschiede hinweg. More in Common ist eine überparteiliche Organisation, die mit institutionellen Partnern aus ganz unterschiedlichen Bereichen kooperiert. Die Organisation lernt und arbeitet länderübergreifend mit Teams in den USA, Großbritannien, Frankreich, Polen, Spanien, Brasilien und Deutschland.

Über die Robert Bosch Stiftung
Die Robert Bosch Stiftung arbeitet in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Globale Fragen. Mit ihrer Förderung setzt sie sich für eine gerechte und nachhaltige Zukunft ein. Die Stiftung ist gemeinnützig, unabhängig und überparteilich. Sie geht auf das Vermächtnis von Robert Bosch zurück. Der Unternehmer und Stifter formulierte darin den doppelten Auftrag, das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern und sein soziales Engagement weiterzuführen. Die Robert Bosch Stiftung GmbH unterhält eigene Einrichtungen, entwickelt innovative Projekte und fördert auf internationaler wie lokaler Ebene. Die Erkenntnisse aus ihrer Förderung bringt die Stiftung in die Fachwelt und die öffentliche Debatte ein. Weitere Informationen unter: https://www.bosch-stiftung.de

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Anna Lob, Associate Politik & Kommunikation
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