Jede sechste Person war bei Protesten gegen Rassismus

Jede sechste Person war bei Protesten gegen Rassismus

Quelle: Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung
 
Freiwilliges Engagement* gegen Rassismus ist im Aufwind. Während 2023 lediglich 4% der Befragten angaben, innerhalb der letzten zwölf Monate an einer Demonstration oder Protestaktion gegen Rassismus teilgenommen zu haben, stieg dieser Anteil bis Mitte 2024 auf 17%. Weitere 39 % können sich ein solches Engagement künftig vorstellen.

Die Ergebnisse sind Teil des neuen NaDiRa-Data.insights "Engagiert gegen Rassismus: Potenzial und Praxis in Deutschland". Sie sind repräsentativ und basieren auf Erhebungen des NaDiRa.panels aus den Jahren 2023 und 2024 mit über 3.400 Teilnehmenden. Dabei wurden nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Dynamik und die Bedingungen antirassistischen Engagements analysiert.

Die Daten zeigen: Engagement ist politisch und sozial verortet – besonders junge Menschen mit höherer formaler Bildung sowie migrantisch diversen Freundeskreisen positionieren sich zunehmend durch Proteste und andere Formen des Engagements gegen Rassismus.

*Die Studie legt einen breiten Engagementbegriff an, der neben der freiwilligen Mitarbeit in Initiativen und Organisationen auch Geldspenden sowie politischen Protest umfasst.

Zentrale Ergebnisse der Studie

  • Engagementpotenzial wächst: 39% derjenigen, die sich bisher nicht gegen Rassismus engagiert hatten, haben 2024 Bereitschaft zu antirassistischem Engagement in unterschiedlichen Formen gezeigt.
     
  • Protestteilnahme steigt stark an: Der Anteil von Teilnehmenden an Demonstrationen oder anderen Protestaktionen gegen Rassismus stieg von 4% (Frühjahr 2023) auf 17% (Sommer 2024). Das bedeutet eine Vervierfachung in weniger als zwei Jahren.
     
  • Mobilisierung durch Proteste gegen „Remigration“: 84% derjenigen, die gegen Rassismus protestiert haben, geben an, sich in der ersten Jahreshälfte 2024 an einer der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in Reaktion auf ein Geheimtreffen von Rechtsextremen beteiligt zu haben.
     
  • Engagement ist politisch und sozial verortet: Die Daten zeigen, dass sich Personen, die sich politisch eher links verorten, formal höhere Bildungsabschlüsse oder migrantisch geprägte Freundeskreise haben, wahrscheinlicher als andere Gruppen engagieren. Dabei ist nicht ausschlaggebend, ob sie selbst Rassismuserfahrungen gemacht haben oder nicht.
     
  • Engagementpotenzial bleibt unausgeschöpft: Während sich 40% der Befragten prinzipiell (potenziell) vorstellen können, an einer Demonstration teilzunehmen, haben dies bislang nur 17 % realisiert (real). Ähnlich große Lücken bestehen bei Online-Petitionen (42% potenziell, 11 % real), Spenden (34% potenziell, 5% real) oder freiwillige Mitarbeit in einer Organisation (35 % potenziell, 3 % real). 

Einsatz gegen Rassismus als zentraler Bestandteil pluraler Demokratien

Nach Jahrzehnten weitgehender Unsichtbarkeit ist Rassismus in den letzten Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Zivilgesellschaftliche Initiativen und Protestbewegungen wie Black Lives Matter (2020) oder die Demonstrationen im Zuge der "Remigrationspläne" (2024) haben temporär dazu beigetragen, Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem sichtbarer zu machen.

Die NaDiRa-Daten zeigen eine Tendenz: Antirassistischer Protest ist in Deutschland kein Randphänomen – er lässt sich schnell, breitflächig und wirkungsvoll mobilisieren. Während die Protestbeteiligung im Frühjahr 2023 noch bei 4% lag, stieg sie bis Mitte 2024 auf 17%. Diese Entwicklung verweist weniger auf ein wachsendes Bewusstsein für Rassismus allein, sondern vielmehr auf die Aktivierung eines vorhandenen Mobilisierungspotenzials. Demonstrationen sind dabei nur eine von mehreren Ausdrucksformen antirassistischen Engagements.

Ob Protestteilnahmen, Spenden oder Mitarbeit in Organisationen – all diesen Formen ist der Anspruch gemeinsam, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der gleichberechtigte Teilhabe für alle möglich ist.

"Die Ergebnisse zeigen: Engagement gegen Rassismus wächst in Deutschland – nicht nur durch Protest auf den Straßen, sondern auch im Bewusstsein vieler Menschen."
Tae Jun Kim, Co-Autor der Studie

Gleichzeitig bleibt Antirassismus stark umkämpft: Antirassistische Positionen geraten zunehmend unter Druck, rechtsextreme Narrative gewinnen an Anschlussfähigkeit. Vor diesem Hintergrund wird das Engagement gegen Rassismus zu einem Gradmesser demokratischer Resilienz.

Tae Jun Kim, Leiter des NaDiRa.panels am DeZIM-Institut und Co-Autor der Studie: "Die Ergebnisse zeigen: Engagement gegen Rassismus wächst in Deutschland – nicht nur durch Protest auf den Straßen, sondern auch im Bewusstsein vieler Menschen. Fast 40 % derjenigen, die noch 2023 berichteten, dieses Engagement sei nichts für sie, konnten sich bereits 2024 vorstellen, an antirassistischen Aktivitäten teilzunehmen. Das wiederum zeigt: Dieses wachsende Potenzial ist eine demokratische Ressource, die wir stärken und aktivieren müssen."

Dr. Elias Steinhilper, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Konsens & Konflikt am DeZIM-Institut und Co-Autor der Studie: "Das soziale und politische Engagement gegen Rassismus ist essenziell für plurale Demokratien. Um dies besser zu verstehen und dadurch gezielter fördern zu können, braucht es kontinuierliche Daten zu den Mustern der Beteiligung und den gesellschaftlichen Wirkungen des Engagements."

Infos
Kontakt

Angie Pohlers 
Pressereferentin
presse(at)dezim-institut.de
Tel.: 030-200754-130