Antiziganismus: Fallzahlen 2024 um 40 Prozent gestiegen

Antiziganismus: Fallzahlen 2024 um 40 Prozent gestiegen

Quelle: Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA)
 
Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus MIA hat ihren dritten Jahresbericht über antiziganistische Vorfälle in Deutschland veröffentlicht. Für das Jahr 2024 wurden bundesweit 1.678 antiziganistische Vorfälle dokumentiert – ein besorgniserregender Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (1.233 Vorfälle).

Dr. Guillermo Ruiz, Geschäftsführer von MIA e.V., mahnt: "Die hohe Zahl antiziganistischer Vorfälle im Jahr 2024 ist ein alarmierendes Signal. Sinti und Roma erleben Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt – oft mitten im Alltag und zunehmend durch staatliche Institutionen. Es ist höchste Zeit, dass Politik und Gesellschaft konsequent handeln. Antiziganismus darf in Deutschland keinen Platz haben."

Betroffene erleben antiziganistische Gewalt und Diskriminierung in nahezu allen Lebensbereichen

Die Zahlen stammen aus der bundesweiten Arbeit der MIA-Bundesgeschäftsstelle sowie der sechs regionalen Meldestellen in Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein. Sie zeigen nicht nur, dass MIA immer bekannter wird und immer mehr Kooperationspartner*innen gewinnt, sondern machen auch deutlich, dass die Feindseligkeit gegenüber Sinti und Roma in Deutschland tatsächlich zunimmt.

Antiziganistische Äußerungen, die unter „verbale Stereotypisierung“ erfasst werden, bildeten mit 856 Fällen die häufigste Vorfallart im Jahr 2024. Darüber hinaus reichten die Vorfälle von Diskriminierung (666 Fälle) über Angriffe (57) bis hin zu extremer Gewalt (10 Fälle). Betroffene erleben antiziganistische Gewalt und Diskriminierung in nahezu allen Lebensbereichen. Besonders alarmierend: Fast ein Viertel aller dokumentierten Fälle (369) betrifft staatliche Institutionen. Auch im Wohnkontext wurden auffällig viele Vorfälle (295) registriert.

Im Fokus 2024: Der Bildungsbereich

Im Fokus des diesjährigen Berichts steht der Bildungsbereich: Kinder und Jugendliche werden regelmäßig von Mitschüler*innen und Lehrkräften antiziganistisch diskriminiert und gemobbt – oft mit gravierenden Folgen für ihre Bildungslaufbahn. Segregation, zum Beispiel durch ungerechtfertigte Zuweisungen auf Förderschulen, antiziganistisches Mobbing und sogar Gewalt gehören für viele Betroffene zum Alltag. Insgesamt dokumentierte MIA 313 Fälle im Bildungsbereich im Jahr 2024.

In 94 Fällen war ein direkter Bezug zur NS-Vergangenheit erkennbar: Wohnungstüren und Hauswände wurden mit rechter Propaganda beschmiert, Friedhöfe und Denkmäler geschändet, der nationalsozialistische Völkermord an Sinti und Roma geleugnet, verharmlost oder sogar glorifiziert.

"Diese Zustände sind nicht hinnehmbar", erklärt MIA-Geschäftsführer Dr. Guillermo Ruiz. "MIA fordert deshalb entschlossenes politisches Handeln: Die dauerhafte Finanzierung von MIA muss gesichert werden, das Amt des Antiziganismusbeauftragten ist mit ausreichenden Ressourcen auszustatten und die 27 Empfehlungen der Unabhängigen Kommission Antiziganismus müssen endlich umgesetzt werden." Insbesondere im Bildungsbereich gelte es, systematisch gegen strukturelle Diskriminierung vorzugehen und echte Chancengleichheit zu schaffen. Die Handlungsempfehlungen der KMK zur Bekämpfung von Antiziganismus in der Schule sollen von den Ländern umgesetzt werden.

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Kontakt

Melde- und Informationsstelle Antiziganismus
E- Mail: presse@mia-bund.de
Telefon: 0179 663 2963