Projekt in Halle: "Wir sind die neuen Zeitzeugen"

Vorstellung des "Tagebuchs der Gefühle".
Projekt in Halle: "Wir sind die neuen Zeitzeugen"
Im Projekt "Spurensuche" verfolgen Schüler*innen die Schicksale deportierter Familien und schreiben ein "Tagebuch der Gefühle"

Im Rahmen des Projektes "OPENION - Bildung für eine starke Demokratie" der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung haben sich die Bildungseinrichtungen SBH Südost GmbH und die Kooperative Gesamtschule „Ulrich von Hutten“ aus Halle gemeinsam auf Spurensuche begeben: Sie verfolgten die Schicksale deportierter Familien aus Halle. Sie suchten und putzten Stolpersteine, besuchten das Hallesche Stadtarchiv, das Gefängnis "Roter Ochse", die Synagoge und den jüdischen Friedhof der Stadt. Weiterhin besuchten die Projektteilnehmer für mehrere Tage die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und verarbeiteten und verschriftlichten ihre Eindrücke und Gefühle in einem Tagebuch. Die Erfahrungsberichte über das Erlebte wurden im Rahmen der Interkulturellen Woche 2019 bereits zum 11. Mal in einer Lesung vorgetragen.

"Unser Projekt läuft weiter und es gibt schon bald neue Termine für Lesungen", erzählt Andreas Dose, pädagogischer Mitarbeiter bei der SBH Südost. Das Tagebuch selbst ist als Material für 9. und 10. Klassen an Schulen zugelassen und wird vor allem im Religions- und Geschichtsunterricht bereits genutzt.

 

Projektbeschreibung:

Es gibt nur noch wenige Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die aus erster Hand vom Holocaust berichten können. In dem Projekt "Spurensuche" befassen sich interessierte Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klassen und jugendliche Teilnehmende aus Maßnahmen/Projekten der SBH Südost GmbH mit dem Holocaust. Sie verfolgen den Weg deportierter Familien und erzählen und verarbeiten die Erfahrungen in einem "Tagebuch der Gefühle". So entsteht ein Erfahrungsbericht über das Erlebte für andere Kinder und Jugendliche.

Vorstellung des "Tagebuchs der Gefühle".
Vorstellung des "Tagebuchs der Gefühle".
Vorstellung des "Tagebuchs der Gefühle".

Für Recherchearbeiten nehmen die Jugendlichen Kontakt zu den Stolpersteinen Halle, zum Stadtarchiv und zum jüdischen Zentrum auf und erfahren etwas über die jüdischen Familien aus Halle, die deportiert wurden. Dadurch wird es auch möglich, mit Angehörigen einiger dieser Familien in Kontakt zu treten. Die Schülerinnen und Schüler verfolgen den Weg der deportierten Familien, der zum Warschauer Ghetto, nach Buchenwald und Auschwitz führte. Die Texte der Schülerinnen und Schüler werden zu einem Tagebuch zusammengeführt, das nach eigener Gestaltung der Jugendlichen gedruckt und publiziert wird.

Das Projekt wird gleichermaßen von der Schulsozialarbeiterin und dem außerschulischen Partner begleitet. Die Ergebnisse werden zunächst im Geschichtsunterricht der Schule präsentiert. Im Anschluss gehen die beteiligten Schülerinnen und Schüler in Vereine und Schulen und lesen anderen Jugendlichen aus ihrem Buch vor. Danach gibt es Raum, um zu diskutieren und in Dialog zu treten. Die Jugendlichen lernen und entwickeln demokratische Aushandlungsprozesse innerhalb der Gruppe. Sie gestalten den kompletten Projektablauf selbst und eigenständig, die Betreuenden und Mitarbeitenden stehen hierbei begleitend und unterstützend zur Seite.

Dabei werden vor allem die Selbstständigkeit und die eigene Persönlichkeit geschult. Durch die Erarbeitung eines eigenen Produkts können die Teilnehmenden Stolz über den Erfolg der geleisteten Arbeit entwickeln. Dieses Gefühl soll bestmöglich als Voraussetzung für künftige Arbeiten mit dem Tagebuch verbunden werden. Durch die Behandlung dieser sensiblen Thematik können Gefühle und Emotionen geweckt werden, welche die Schülerinnen und Schüler als Handlungs- und Gesprächsgrundlage innerhalb des Gruppengefüges nutzen können. Das Projekt hat Schnittstellen zu historischer Bildung, Erinnerungskultur und soll über die Themen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufklären und sensibilisieren, mit dem Ziel, Ausgrenzung vorzubeugen.

Nach dem Terroranschlag auf die jüdische Synagoge in Halle haben die Schüler ein Video gedreht, in dem sie sich "Zusammen gegen Antisemitismus" stellen.

Weitere Informationen

Demokratie als gesellschaftlichen Aushandlungs- und Gestaltungsprozess erfahrbar zu machen – darum geht es in OPENION. Partizipation, Begegnung und die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen stehen im Vordergrund. In über 200 Projektverbünden erfahren Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren zeitgemäße Formen der Demokratiebildung. Durch kreatives Ausprobieren und mutiges Selbermachen entstehen neue Impulse für die Demokratieförderung in ganz Deutschland. OPENION - Bildung für eine starke Demokratie ist ein bundesweites Projekt der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

OPENION unterstützt Projekte, bestehend aus einer Kooperation zwischen Schule und außerschulischem Partner, die sich mit zeitgemäßer Demokratiebildung beschäftigen.Die Kooperationspartner gestalten gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren in Form eines Verbunds ihr Projekt zum Thema zeitgemäße Demokratiebildung. Die Projekte haben mindestens 1 Jahr Laufzeit. Gefördert werden lokale Kooperationen, wie beispielsweise Medien- oder Jugendkulturprojekte, die Demokratie im Alltag erfahrbar machen. Neben der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen wie Digitalisierung und Migration stehen bei OPENION praktisches Erlernen, Erfahren und Praktizieren von demokratischer Beteiligung und Aushandlung im Vordergrund.

Infos
Kontakt

SBH Südost GmbH
Tina Gewandt
Tel.: 0345/279536-89
Fax: 0345/279536-90
Mail: tina.gewandt@sbh-suedost.de

OPENION
Bundesweite Koordination
Judith Strohm
Tel.: 030/25 76 76 - 987
Fax: 030/25 76 76 - 10
Mail: judith.strohm@dkjs.de