Tipps für Gottesdienste mit Gläubigen anderer Religionen

Die Symbole von Islam, Judentum und Christentum. Foto: shutterstock/Vladimir Melnik
Tipps für Gottesdienste mit Gläubigen anderer Religionen
Wichtig sind Sensibilität, gute Absprache und exakte Vorbereitung
Werner Höbsch

Vielerorts gehören ökumenische Gottesdienste zu den Interkulturellen Wochen dazu, teilweise unter Beteiligung von Gläubigen nichtchristlicher Religionen. Das wirft Fragen auf, wie diese in angemessener Weise beteiligt werden können.

Es wird unterschieden zwischen interreligiösen Gebeten und einem Beten in der Gegenwart des Anderen (das so genannte multireligiöse Gebet). Unter einem interreligiösen Gebet wird ein gemeinsames Beten von Angehörigen unterschiedlicher Religionen verstanden. Unter einem Beten in der Gegenwart des Anderen wird ein Beten im Angesicht des Anderen verstanden. Die Angehörigen einer Religionsgemeinschaft beten in der Tradition ihrer jeweiligen Religion.

Ein interreligiöses Gebet ist aus Sicht der evangelischen und katholischen Kirche nicht möglich. Auch orthodoxe Kirchen und viele Freikirchen lehnen diese ab. Als Begründung werden theologische Argumente (Gottesverständnis) vorgetragen. Juden, Christen und Muslime glauben zwar an den Einen Gott, unterscheiden sich aber im Verständnis dieses Gottes. Buddhisten kennen keinen Glauben an einen Gott, zumindest nicht im Sinne der monotheistischen Religionen. Nicht nur die großen christlichen Kirchen lehnen interreligiöse Gebete ab, sondern auch jüdische und muslimische Gemeinschaften. Dies sollte respektiert werden.

Möglich ist jedoch eine liturgische Gastfreundschaft: Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften werden eingeladen, dem Gebet (Wortgottesdienst/Liturgie) beizuwohnen und aus ihrer eigenen Tradition einen Text oder ein Gebet beizutragen. Dies ist kein gemeinsames Beten, wohl aber ein Beten im Angesicht des Anderen.

Empfehlungen und Modelle

Viele Gottesdienste innerhalb der Interkulturellen Woche werden ökumenisch gefeiert. Jedoch werden auch immer wieder Fragen nach Beteiligung Glaubender anderer Religionen aufgeworfen. Bei diesen Gebeten sollte eine Offenheit für das Modell der »liturgischen Gastfreundschaft« gegeben sein. In der Regel werden diese Gottesdienste in einer Kirche gefeiert, hier können und sollten Muslime einbezogen werden. Für viele Jüdinnen und Juden allerdings sind christliche Kirchen kein möglicher Ort eines Gebetstreffens. Hier sind andere Orte gefragt.

Es ist bei einem Gottesdienst oder Gebetstreffen einer Interkulturellen Woche das Modell eines »Betens in der Gegenwart des Anderen« – auch mit der Rezitation eines Gebetes etwa aus der muslimischen Tradition – möglich.

Gleich welche Form gewählt wird: Wichtig ist die Sensibilität für die Situation vor Ort, die Absprache mit den beteiligten christlichen Konfessionen im Vorfeld sowie eine exakte Vorbereitung. Das Anliegen des Friedens, des friedlichen Miteinanders in Stadt und Land und die Ablehnung von Gewalt muss das Verbindende der an der Feier Beteiligten sein.

Auf dieser Basis lassen sich für Gottesdienste Modelle sowohl liturgischer Gastfreundschaft als auch multireligiöser Feiern entwickeln.

Dieser Text ist erschienen im Materialheft zur Interkulturellen Woche 2020, das Sie hier anschauen können.

Weitere Informationen

 

Werner Höbsch
Foto: ÖVA / Nils Bornemann

Dr. Werner Höbsch leitete bis 2017 das Referat Dialog und Verkündigung des Erzbistums Köln. Er ist weiterhin im christlich-muslimischen Dialog aktiv und war bis Ende 2020 Mitglied im Ökumenischen Vorbereitungsausschuss zur Interkulturellen Woche.

Kontakt: Werner.Hoebsch@gmx.de