Rekordbeteiligung bei der IKW-Vorbereitungstagung 2022

An der diesjährigen Online-Vorbereitungstagung zur Interkulturellen Woche nahmen bis zu 270 Engagierte aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Screenshot: ÖVA
Rekordbeteiligung bei der IKW-Vorbereitungstagung 2022

Zum zweiten Mal fand das Treffen komplett digital statt – Diskussionen, Impulse, Vernetzung und Politiker*innen im Gespräch

Mit einer erneuten Rekordbeteiligung ist die bundesweite Online-Vorbereitungstagung zur Interkulturellen Woche 2022 gestartet. Nach 250 Teilnehmenden im vergangenen Jahr waren es nun sogar 270. Zum zweiten Mal findet das Treffen komplett digital statt, und erstmals wurde das Programm in diesem Jahr erweitert. Neben der Kerntagung am 11. nd 12. Februar war in diesem Jahr ein Workshop zum Thema Öffentlichkeitsarbeit vorgeschaltet. Die für den 10. März geplante Online-Podiumsdiskussion zum Thema #offengeht - Zuwanderung gestalten muss wegen mehrerer krankheitsbedingter Absagen leider verschoben werden. Ein Ersatztermin ist für den Herbst 2022 geplant. Wir werden rechtzeitig über das konkrete Datum informieren.

"Klar und wirksam. Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit für Ihre Interkulturelle Woche vor Ort", so lautete der Titel des Workshops, mit dem die Vorbereitungstagung 2022 am Donnerstag, 10. Februar, startete. Unter der Anleitung des Theologen, Organisationsberaters und Kommunikationswirts Hilmar Gattwinkel konnten sich 25 Teilnehmende mit Konzepten und konkreten Überlegungen zur Öffentlichkeitsarbeit auseinandersetzen. Gattwinkel, der auch den Fernstudiengang Öffentlichkeitsarbeit an der der Evangelischen Medienakademie in Hamburg leitet, brachte den IKW-Organisierenden zentrale Entscheidungsfragen der Kommunikation mit Medien und der Öffentlichkeit nahe und ermunterte sie, erste eigene Antworten zu finden. Bei der Anmeldung zur Tagung war die Nachfrage nach dem Workshop so groß, dass zwei weitere Termine angeboten werden.

Am Freitag, 11. Februar, trafen sich dann alle Teilnehmenden im digitalen Tagungsraum. In ihrer Begrüßung wies Beate Sträter, die Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche, darauf hin, "dass es nur durch den Austausch und die Auseinandersetzung gelingen kann, die seit Jahren ungelösten Probleme anzugehen: Nämlich die zum Teil aberwitzigen Ungerechtigkeiten im Asyl- und Aufenthaltsrechtecht, die Zuwanderungspolitik, der Kampf gegen Rassismus und Rechtsradikalismus, Ausgrenzung und Diskriminierung und schließlich der Bankrott europäischer Werte an den Außengrenzen, in den Lagern und im Mittelmeer."

Der Politikwechsel auf Bundesebene stimme hoffnungsvoll, dass die gelingen könnte. "Doch die Politik alleine wird es nicht richten. Mindestens genauso wichtig sind das Engagement, die Energie, die Unbeirrbarkeit der vielen an der Basis, in den Kommunen und in der Zivilgesellschaft. Damit ein Politikwechsel gelingt, müssen wir beständig, bis weilen vielleicht auch penetrant unsere Stimme erheben für eine menschrechtliche Asylpolitik, bei uns und an den Grenzen Europas, für eine gerechte, Gesellschaft, in der es gleiche Chancen für alle gibt, für die Stärkung der Demokratie und die Teilhabe aller hier lebender Menschen. Der Reichtum an Erfahrung und Expertise, an Empathie und Empörung, den so viele von Ihnen und Euch mitbringen – darauf kann und darf die Politik nicht verzichten, darauf ist sie angewiesen, damit sich etwas verändert", so Sträter weiter.

Anschließend folgten vier Kurzimpulse, zu denen jeweils im Anschluss Fragen im Chat gestellt werden konnten. Moderiert wurden die Gespräche von der Autorin und Dozentin Canan Topçu.

Florence Brokowski-Shekete, Schulamtsdirektorin in Mannheim und Bestseller-Autorin, sprach zum Thema "Warum wir eine diskriminierungs-  und rassismuskritische Pädagogik brauchen".

Markus Lewe, Oberbürgermeister von Münster und Präsident des Deutschen Städtetages, referierte "Zur Bedeutung von Kommunen beim Eintreten für Menschenrechte und Teilhabe".

 

Daniel Poensgen, wissenschaftlicher Referent beim Bundesverband Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin, gab einen Impuls "Zur Bedeutung von zivilgesellschaftlichem Engagement gegen Antisemitismus".

Viola Georgi vom Sachverständigenrat für Integration und Migration schließlich widmete sich dem Thema "Normalfall Diversität? Wie das Einwanderungsland Deutschland mit Vielfalt umgeht" und stellte dabei unter anderem die Kernerkenntnisse des Jahresgutachtens 2021 vor.

Anschließend wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen wichtige politische Themen diskutiert: Wie positioniert sich die Gesellschaft zur zunehmenden Abschottung Europas gegenüber Schutzsuchenden und wie kann Migration menschenwürdig gestaltet werden? Wie können Polizei und Vielfaltsgesellschaft besser ins Gespräch kommen? Wie geht die Kirche mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit um? Was macht eine weltoffene Kommune aus? Welche Rolle spielen Rassismus und Diskriminierung im Sport? Wie können Menschen mit Migrationsgeschichte in Parlamenten, Gremien und Institutionen angemessen repräsentiert werden? Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für die Interkulturelle Woche?

Zum Abschluss des Tages begrüßten die Organisierenden den Journalisten und Autor Hasnain Kazim. Der Sohn indisch-pakistanischer Eltern und ehemalige Marineoffizier der Bundeswehr berichtete unter anderem für das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" aus Südasien, der Türkei und Österreich. Seit Anfang 2019 arbeitet er als freier Autor.

Kazim las nicht nur Passagen aus seinem Buch "Auf sie mit Gebrüll! … und mit guten Argumenten. Wie man Pöblern und Populisten Paroli bietet", sondern auch aus dem Vorgänger "Post von Karlheinz", in dem er seine Dialoge mit Menschen dokumentierte, die ihm Hassnachrichten schrieben, und stand anschließend für Publikumsfragen zur Verfügung. Eine seiner Kernaussagen: "Wer Hassbotschaften schreibt, muss Verantwortung für seine Worte übernehmen. Niemand hat ein Recht auf Widerspruchslosigkeit."

Die Morgenandacht am Samstag, 12. Februar, gestaltete Konstantin von Abendroth. Er ist Pastor und Beauftragter am Sitz der Bundesregierung für die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF). Außerdem ist er Mitglied im Ökumenischen Vorbereitungsausschuss zur Interkulturellen Woche.

Der Samstag stand vor allem im Zeichen des Gesprächs mit Vertreter*innen der Politik. Den Anfang machte Reem Alabali-Radovan, die neue Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Im Gespräch mit Pitt von Bebenburg (Frankfurter Rundschau) stellte die SPD-Politikerin die Ziele und Schwerpunkte ihrer Arbeit vor. Alabali-Radovan, Jahrgang 1990, ist die erste Person in diesem Amt, die selbst Fluchterfahrungen gemacht hat. Sie kam 1996 mit ihrer Familie aus dem Irak nach Deutschland und lebte zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Mecklenburg-Vorpommern.

Anschließend standen Bundespolitiker*innen von verschiedenen Parteien zu Themen Rede und Antwort, die für die Interkulturelle Woche relevant sind. Zuerst gaben Muhanad Al-Halak (FDP), Hakan Demir (SPD), Petra Pau (DIE LINKE) und Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) jeweils ein Statement ab, danach standen sie für die weitere Diskussion in Breakout-Räumen zur Verfügung. Die CDU/CSU-Fraktion war ebenfalls angefragt worden, konnte aber keine(n) Teilnehmer*in benennen. 

Zum Abschluss gab es im Format "Wir bleiben hier" die Möglichkeit für IKW-Organisierende, sich zu unterschiedlichen Themen auszutauschen. Moderiert von ÖVA-Geschäftsführerin Friederike Ekol ging es unter anderem um die Frage, wie neue Zielgruppen für die IKW gewonnen werden können, sowohl bei den teilnehmenden Institutionen, Vereinen und Gruppen als auch beim Publikum. Thema waren auch Faktoren, die zum Gelingen einer Veranstaltung beitragen, sowie Fragen der Finanzierung.

Im Rahmen der Vorbereitungstagung wurden auch die Plakat- und Postkartenmotive für die Interkulturelle Woche 2022 vorgestellt. Sie sind ab sofort auf der Homepage der IKW zum Download verfügbar, die gedruckten Materialien können voraussichtlich ab Mitte Mai bestellt werden. 

Als "Nachspiel" findet am Donnerstag, 10. März, im Rahmen der Tagung noch eine Online-Podiumsdiskussion zum Thema „#offengeht: Zuwanderung gestalten“ statt. Dabei besprechen Anja Piel für den Deutschen Gewerkschaftsbund, Atila Karabörklü für die Türkische Gemeinde in Deutschland und Maike Finnern für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wichtige migrationspolitische Themen und adressieren sie an Dr. Ann-Marie Burbaum, die Leiterin des Referats AG M3 "Aufenthaltsrecht; Humanitäre Aufnahme" beim Bundesinnenministerium (angefragt). Die Moderation übernimmt die Journalistin und Autorin Ebru Taşdemir.

Infos
Kontakt

Ökumenischer Vorbereitungsausschuss zur Interkulturellen Woche
Tel.: 069 / 24 23 14 -60
E-Mail: info@interkulturellewoche.de